Gothic #27, 1998
Kultstatus mit Geheimtipcharakter
Der italienischen Band um die beiden kreativen Köpfe Angelo Bergamini (Jahrgang
1958; Keyboarder, Sänger, Produzent) und Emilia Lo Iacono (Jahrgang 1967;
Sängerin, Gitarristin, Produzentin) blieb ein internationaler Durchbruch
bislang immer noch verwehrt. Jedoch genießen sie neben ihrem Heimatland
gerade auch in Deutschland den Status einer Kultband, die seit 1980 allein
unter dem wohlklingenden Namen "Kirlian Camera" 30 Tonträger veröffentlicht
hat und sich stetig bemüht, ihrem melancholisch-düsterem und
seelisch-wanderndem Image gerecht zu bleiben. Zwischen Neo-Folk
und Dark-Synthie-Wave finden sich ihre Sound-und Gesangslandschaften
wieder, beschreiben die Welt in verträumter Weise als ein Produkt, dessen
Dekadenz in den Seelen des einzelnen Menschen begründet liegt.
So verwundert es nicht, daß Kirlian Camera, die vor kurzem eine Deutschlandtour
absolvierten, nicht gerade als kontaktfreudig gelten und sich eher über die
Perfektion ihres bei ihrer Präsentation in guter Erinnerung beim Publikum
halten möchten. Ihre Veröffentlichungen lesen sich wie eine Bilanz der
Enttäuschung: "Passing Masks" (82), "Edges" (84), "Blue Room" (85), "Eclipse - Das
Schwarze Denkmal" (88&94), "Schmerz" (92), "Todesengel" (93), "Present: O.E.M.-Zentralfriedhof"
(95)... So verwundert es nicht, daß Psychokopf und Gründer Bergamini sich zeitweise
mit Techno/Disco-Projekten (unter dem Namen "Hipnosis") aushilft und die
entsprechende Abwechslung bereitet.
Martin Sprissler